Sonntag, 11. Januar 2015

Meinungsbildung



Zu dem, was da gerade in Frankreich passiert, bilde ich mir momentan eine Meinung. Und ich bin noch nicht fertig damit.

Ich finde es abscheulich, dass 12 Menschen wegen ihrer satirischen Bild-und Zu-Wortmeldungen ermordet worden sind.
Es tut mir Leid um Menschen voller künstlerischem Potential und Mut.
Um Unbeteiligte, um Polizisten, um die Menschen, die zufällig in dem koscheren Supermarkt in Paris einkaufen wollten.
Aber auch um tausende Menschen in Nigeria, in Syrien, auf den "Geisterschiffen"..., auch, wenn der mediale Lichtkegel ihre Situation nicht so sichtbar macht, wie gerade die in Paris.

Presse- und Meinungsfreiheit sind ein hohes Gut. Und kluge Satire ist wunderbar.

"Und fast immer, wenn eine Satire als zu scharf angegriffen wird, verteidigen sich die Macher mit dem Spruch von Tucholsky: "Was darf die Satire? Alles!" ."

Kurt Tucholsky wäre kürzlich 125 Jahre alt geworden.

Darf Satire wirklich alles? Vielleicht ist es so.

Wir verstehen das, amüsieren uns oder schütteln auch mal mit dem Kopf. Unsere Politiker müssen da ganz schön was einstecken ... aus gutem Grund und haben auch lernen müssen, damit umzugehen.
Man erinnere sich bloß mal an die Mottowagen im Karneval...

Aber was ist mit Menschen, die ganz anders aufgewachsen sind als wir? In einer anderen Kultur, mit anderen Erfahrungen, Rechten und Bewältigungsstrategien ?
In dem Land, in dem sie leben, sind sie verpflichtet, die Gesetze einzuhalten und sollten sich möglichst mit der betreffenden Kultur vertraut machen. Was einem nicht passt, darf er nicht einfach mit Gewalt bekämpfen.

Solche Karikaturen ziehen aber Kreise, weit über Landesgrenzen... und es gibt schon in unseren Kreisen so manchen Menschen, der keinen Spaß/keine Satire versteht.
Öl ins Feuer gießen, nur weil ich ein "Recht darauf" habe, halte ich nicht für die klügste Strategie.
"Einfühlsam" oder "klug" gemachte Provokationen können Änderungen ins Rollen bringen, wenn ich dafür eine Antenne habe, aber Provokationen können auch Katastrophen auslösen.

Ich wünsche mir, dass in diesen Tagen, an denen der grelle, mediale Lichtkegel auf diese Situation scheint und auch danach, immer mehr Menschen  beginnen, nachzudenken.

In unserem kleinen Lebensumkreis, in unseren täglichen Begegnungen können wir beginnen, etwas zu ändern. Augen auf, wahrnehmen, was wir tun und denken und aufeinander zu gehen.
Das meine ich für beide Seiten.









5 Kommentare :

  1. danke für deine Zeilen. heute morgen war ein défilé, marche silencieuse hier in unsere Stadt und war froh dass so viele Leute dabeiwaren.
    liebe grüsse
    Monique

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  2. im kleinen gibt es so viele gute samenkörner zu streuen – ich bin ganz bei dir.

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  3. Gestern lief mir das hier über den Weg: "Wir müssen lernen, das Böse zu bekämpfen, ohne jemandem Böses zu tun... Wir müssen neue Wege gehen: den Weg des Saatkorns." (Phil Bosmans). Ob im Kleinen oder im Großen. Kästner schrieb über Tucholsky, "er wollte mit der Schreibmaschine die Weltkatastrophe aufhalten"... - Einmischung mit Zeichenstift und Schreibtisch ist oft aufregend und verstörend, aber noch immer ein riesengroßer Unterschied im Vergleich zum Griff zur tötenden Waffe. Liebe Grüße zu dir! Ghislana

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  4. Liebe Monique, liebe Ulma, liebe Ghislana, danke für eure Worte. Mich hat es berührt, welche "Front" sich den Terroristen entgegen gestellt hat, gestern. Und ja, das Saatkorn, das können wir streuen, jeden Tag. Ich habe heute schon damit angefangen, ganz bewußt. Liebe Grüße! Sabine

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  5. Ich habe auch ein gespaltenes Verhältnis - schon immer - zu Mohammed-Karikaturen. Oder zu Karikaturen über andere Religionen. Es sei dahingestellt, wie geschmackvoll man das findet. Wichtig finde ich aber unbedingt, dass eine Gesellschaft auch für so etwas Platz hat. Es gibt viel Geschmackloses, Frauenfeindliches ..., überall. Aber auch da finde ich Meinungsfreiheit wichtiger als einzelne Ausrutscher auf ein tieferes Niveau zu vermeiden.
    Gleichschaltung, das gibt es in Nord Korea, Arbeitslager für abweichende Meinungen in China, Peitschenhiebe für Blogger in Saudi-Arabien usw. Dann doch lieber ein paar Karikaturen, über die ich persönlich nicht lachen kann, aber die Möglichkeit, auch das zu äußern. Zensur, auch Selbstzensur, kann nicht die Lösung sein. Danke für den Anlass, noch einmal über dieses Thema nachzudenken.

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